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Migration & Asyl – Hintergrund – Asyl

Das Recht auf Asyl - Was ist das und woher kommt das?

"Jeder, der vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden in seinem Herkunftsland flieht, hat das Recht, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen." - so schreibt es das Europäische Parlament.  Die Vertragsparteien der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichten sich, Personen welche die Bedingungen der  Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951, erfüllen, Asyl zu gewähren.

In der Asyl- und Migrationspolitik waren die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten in den letzten Jahren mit großen Herausforderungen konfrontiert. Aber zuerst: Was bedeutet eigentlich Asyl?


Asyl in der Europäischen Union

Europa im Stresstest – die letzten Jahre haben Europa und der Europäische Union ihre Fehler in der Migrationspolitik sichtbar gemacht. Die sogenannte "Flüchtlingskrise" 2015 zeigte erstmals auf, wo nachgebessert werden musste. Schon lange ist bekannt, dass Flucht und Migration die bestimmenden Themen der nächsten Jahrzehnte sein werden. Daher hat die Europäische Union bereits in den 1990er-Jahren begonnen, eine einheitliche Politik zu formen, um den nahenden Herausforderungen geschlossen entgegentreten zu können. 

Statt einer gemeinsamen Politik traten durch wachsende Konfrontationen und Belastungen dieser Einheit, immer schwerwiegendere Risse und Spaltungen zwischen den EU-Mitgliedern im Bezug auf die Migrationsfrage auf. Wenn du mehr über die Probleme in der europäischen Asylpolitik erfahren möchtest, guck dir diese beiden Videos an:

Geflüchtete in Deutschland - Das Warten auf Asyl

Während des behördlichen und juristischen Prozesses von Asylverfahren entscheiden sich stets auch menschliche Schicksale. Diese Reportage des NDR aus dem Jahr 2016 begleitet die zwei syrischen Geflüchteten Manal und Ali über mehrere Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland und thematisiert Herausforderungen und Probleme mit denen sie zu kämpfen haben.


Unbegleitete minderjährige Geflüchtete

Mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge weltweit sind Kinder.

Viele Flüchtlingskinder verbringen die gesamte Kindheit fernab ihrer Heimat. Eine steigende Zahl ist zudem allein auf der Flucht, als unbegleitete oder von ihren Eltern getrennte Kinder und Jugendliche. Sie sind einem besonders hohen Risiko von Ausbeutung, Gewalt und Misshandlung ausgesetzt.

Die Rechte für Flüchtlinge aus der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und die des Protokolls von 1967 finden auf Kinder und Erwachsene gleichermaßen Anwendung. UNHCR setzt sich für den Schutz von Kindern und Jugendlichen, die seinem Mandat unterfallen, ein. Das wichtigste Abkommen für Kinder im Allgemeinen ist das „Übereinkommen über die Rechte von Kindern“ aus dem Jahr 1989 (UN-Kinderrechtskonvention). Die UN-Kinderrechtskonvention verbrieft fundamentale Rechte von Kindern und gibt wichtige Grundsätze in allen Lebensbereichen vor – von Gesundheit und Bildung bis zu politischen Rechten. Bei allen Maßnahmen steht das Wohl des Kindes im Vordergrund.

Besonderes Aufnahmeverfahren für unbegleitete Kinder

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die ohne ihre Eltern nach Deutschland einreisen, gelten als unbegleitet. Sie durchlaufen nach ihrer Einreise ein besonderes Aufnahmeverfahren. Zunächst nimmt das Jugendamt die Kinder und Jugendlichen vorläufig in Obhut. Während dieser Zeit werden sie untergebracht. Im Anschluss werden sie im Bundesgebiet verteilt und in dem betreffenden Bundesland in einer geeigneten Einrichtung oder auch bei einer geeigneten Pflegefamilie oder Verwandten untergebracht. Bei der Verteilung, Betreuung und Versorgung ist das Wohl des Kindes oder Jugendlichen stets in den Mittelpunkt zu stellen.

Unbegleitete Kinder brauchen einen Vormund

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren können viele rechtliche Handlungen nach dem Gesetz nicht selbst wirksam vornehmen. Da sich unbegleitete Kinder ohne Erziehungsberechtigte in Deutschland aufhalten, wird für sie eine Vertreterin oder ein Vertreter bestellt (Vormund). Diese Person vertritt das Kind oder den Jugendlichen rechtlich. Das gilt auch für die Durchführung des Asylverfahrens. Bevor die Betroffenen volljährig werden, kann der Asylantrag nur durch den Vormund oder unter bestimmten Voraussetzungen vom Jugendamt gestellt werden. Vorab muss geprüft werden, wann und ob eine Asylantragstellung im Kindeswohl liegt. Bei der Durchführung des Asylverfahrens müssen besondere Schutzvorschriften beachtet werden.

Nach erfolgreichem Abschluss des Asylverfahrens können Kinder und Jugendliche, bis sie 18 Jahre alt werden, ihre Eltern nachholen. Es muss dann ein Familiennachzugsverfahren durchgeführt werden.

©UNHCR


Das Kirchenasyl

Ein Kirchenasyl ist die befristete Aufnahme von Geflüchteten in den Räumen einer Kirchengemeinde, denen bei einer Abschiebung Folter, Tod oder menschenrechtswidrige Härten drohen. Es soll Zeit gewonnen werden, damit das Schutzbegehren der Geflüchteten noch einmal sorgfältig unter rechtlichen, sozialen und humanitären Gesichtspunkten geprüft werden kann. So kann nachgewiesen werden, ob Entscheidungen der Behörden revisionsbedürftig sind oder nicht. Denn Irren ist menschlich – es kann immer zu Fehlentscheidungen kommen. Daher empfiehlt es sich in manchen Fällen, einen Asyl-Folgeantrag zu stellen. Direkt am ersten Tag werden die Behörden durch die Kirchenasyl gewährende Gemeinde informiert, dass sie einen Geflüchteten in Schutz genommen hat. Das Kirchenasyl ist also nicht geheim!

Schon in der Antike gab es die Tradition, an heiligen Stätten wie Tempeln, Grabstätten oder heiligen Hainen Menschen Schutz zu gewähren. Innerhalb dieser Tabuzonen sollten Menschen z.B. vor Lynchjustiz oder Blutrache bewahrt werden, vor allem wenn nicht klar war, ob sie schuldig waren oder nicht. Im alten Israel musste Blutrache verübt werden, wenn ein Mensch getötet wurde. Der Tötende musste dann selbst wieder getötet werden – ein unheilvoller Kreislauf. Um das zu vermeiden, wurden sechs sogenannte Asylstädte auf beiden Seiten des Jordans gegründet. Dort konnten Menschen Schutz suchen, die von Blutrache bedroht waren. Die Asylstädte boten sozusagen Möglichkeiten der Revision des Gerichtsverfahrens in einem noch unausgebildeten Rechtssystem. Das eigentliche Kirchenasyl kam dann im Mittelalter: Die Schutzfunktion griechischer und römischer Tempel ging über an die Kirchen.

Das moderne Kirchenasyl hat in Deutschland 1983 begonnen mit drei palästinensischen Familien in Berlin, die von Abschiebungen in das Bürgerkriegsland Libanon bedroht waren. Sie mussten um ihr Leben fürchten, wenn sie in den Krieg zurückgeschickt würden. Die Heilig-Kreuz-Gemeinde schützte diese Geflüchteten in ihren Räumen, und am Ende war dieses Kirchenasyl erfolgreich. Sie haben nach einer gewissen Zeit Asyl erhalten und konnten in Deutschland bleiben. Dieser Fall und andere aus dem Ruhrgebiet waren die Anfänge, die sich dann weiterentwickelt haben. In Berlin wurde in den 1980er-Jahren das Netzwerk "Asyl in der Kirche" gegründet, dem bald 50 Gemeinden angehörten, die bereit waren, für Geflüchtete einzutreten und sie zu schützen, wenn ihnen im Falle einer Abschiebung Gefahr für Leib und Leben drohte.

Nachdem 2015 viele Geflüchtete aus humanitären oder anderen plausiblen Gründen aufgenommen wurden, kam die Gegenreaktion von rechter Seite, insbesondere von der AfD, aber auch von den Unionsparteien. Dies fand seinen Niederschlag in erheblichen Verschärfungen des Asylrechts, den Asylpaketen 1 und 2 sowie im Integrationsgesetz. Geflüchteten soll damit deutlich gemacht werden, dass es sich nicht lohnt, nach Deutschland zu kommen. Mit Erfolg: Die Zahl der Geflüchteten ist seitdem deutlich zurückgegangen.

©bpb

Mitte 2020 wurde diese Verschärfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wieder revidiert. Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig entschied am 8. Juni 2020, dass Menschen im Kirchenasyl deren Aufenthaltsort den Behörden bekannt ist nicht länger als „flüchtig“ angesehen werden können. Künftig gilt also wieder eine Überstellungsfrist von 6 Monaten.

©tagesschau

Wenn du mehr über das Kirchenasyl in Deutschland erfahren möchtest und wissen willst wie es in der Praxis vonstattengeht, dann schau dir das  Video an oder höre den Podcast:


Exkurs: Historische Fluchtbewegungen: Geflüchtete in Deutschland während des Bosnienkriegs in den 1990er Jahren

Dass hunderttausende bosnische Flüchtlinge einst Teil der deutschen Gesellschaft waren scheint oft fast vergessen. In den 1990er Jahren waren Bosnier die größte Flüchtlingsgruppe in Deutschland. Fast 400.000 Menschen lebten als Kriegsflüchtlinge in Deutschland. Ende der Neunziger, nach dem Bosnienkrieg, mussten Zehntausende der in Deutschland aufgewachsenen bosnischen Kinder mit ihren Familien zurück in das ihr unbekannte, vom Krieg zerstörte Bosnien.

Manche von ihnen wurden abgeschoben, andere verließen Deutschland freiwillig und wieder andere verließen Deutschland, weil sie durch immer kürzer werdende Duldungen und Druck von der Ausländerbehörde wussten, sie können sowieso nicht bleiben.

In Bosnien haben die Zurückgekehrten ihr "Deutschsein", die deutsche Sprache und Kultur über Jahrzehnte bewahrt, schauen noch immer deutsches Fernsehen, hören deutsche Musik und sprechen auf Deutsch – mit Freunden, die das gleiche erlebten.

Hier kannst du einen Beitrag des Y-Kollektivs zum Thema sehen:

Exkurs: Russisch oder deutsch? Die zerrissene Identität von Russlanddeutschen

Identität ist ein großes Thema für Menschen, die ein neues Leben in einem anderen Land beginnen. Dies gilt auch für die sogenannten Russlanddeutschen:

Seit Mitte der 1980er-Jahre haben sich mehr als zwei Millionen russische Aussiedler:innen in Deutschland niedergelassen. Doch viele Russlanddeutsche haben es schwer. Die Integration gelingt nicht immer, der Anschluss fällt schwer. Das Tanzen gehört für Russlanddeutsche oft zur Familientradition, die bereits im jungen Alter beginnt. Den jungen Erwachsenen stehen dadurch Chancen offen, von denen ihre Eltern und Großeltern nur träumen konnten. Doch die eigenen Wurzeln und die Kultur stehen auch der Ablehnung im Alltag, der neuen Sprache und geringen finanziellen Mitteln gegenüber. Die Bedingungen bedrohen dabei so manche Existenz.

Weitere Informationen bekommst du im folgenden Beitrag:


Flüchtlingsschutz und subsidiärer Schutz

Flüchtlingsschutz 

Der Flüchtlingsschutz ist umfangreicher als die Asylberechtigung und greift auch bei der Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ein. Auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention gelten Menschen als Flüchtlinge, die sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren aufgrund ihrer

  • Rasse (der Begriff "Rasse" wird in Anlehnung an den Vertragstext der Genfer Flüchtlingskonvention verwendet),
  • Nationalität,
  • politischen Überzeugung,
  • Religion oder
  • Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (als bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet)

außerhalb ihres Herkunftslands, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, oder als Staatenlose außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthalts befinden. Diese Kriterien gelten auch, wenn sie den Schutz ihres Herkunftslands nicht in Anspruch nehmen können oder aufgrund der begründeten Furcht nicht in Anspruch nehmen wollen.

©BAMF

Subsidiärer Schutz

Der subsidiäre Schutz greift ein, wenn weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden können und im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht.

Subsidiär schutzberechtigt sind Menschen, die stichhaltige Gründe dafür vorbringen, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht und sie den Schutz ihres Herkunftslands nicht in Anspruch nehmen können oder wegen der Bedrohung nicht in Anspruch nehmen wollen. Ein ernsthafter Schaden
kann sowohl von staatlichen als auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen.

Als ernsthafter Schaden gilt:

  • die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
  • Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
  • eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

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Ausschlussgründe für eine Schutzberechtigung

Eine Schutzberechtigung der drei Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz oder subsidiärer Schutz – kommt nicht in Betracht, wenn Ausschlussgründe vorliegen. Dies kann der Fall sein, wenn eine Person

  • ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen den Frieden oder gegen die Menschlichkeit begangen hat,
  • eine schwere (nichtpolitische) Straftat begangen hat,
  • den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat,
  • eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt,
  • eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, weil sie aufgrund eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren (unter bestimmten Voraussetzungen ein Jahr) rechtskräftig verurteilt worden ist.

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Familienasyl

Für Mitglieder einer Familie gilt das Familienasyl. Das heißt, wurde eine sogenannte stammberechtigte Person als asylberechtigt anerkannt, erhalten deren in Deutschland aufhältige Familienmitglieder auf Antrag ebenfalls Asyl.

Im Sinne des Familienasyls zählen als Familienmitglied:

  • Ehegattinnen oder Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner,
  • die minderjährigen ledigen Kinder,
  • die personensorgeberechtigten Eltern von minderjährigen Ledigen,
  • andere erwachsene Personen, die für minderjährige Ledige personensorgeberechtigt sind,
  • die minderjährigen ledigen Geschwister von Minderjährigen.

Voraussetzung für Ehegattinnen oder Ehegatten ist, dass eine wirksame Ehe bereits im Herkunftsland bestanden hat, der Asylantrag vor oder gleichzeitig mit der schutzberechtigten Person, spätestens unverzüglich nach der Einreise gestellt worden ist und die Schutzberechtigung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

Diese Regelung gilt auch für Schutzberechtigte, die Flüchtlingsschutz oder subsidiären Schutz erhalten haben. Ausgeschlossen sind Personen, bei denen im Asylverfahren ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt wurde.

Familieneinheit

Mit der Asylantragstellung der Eltern gilt der Asylantrag auch für deren minderjährige ledige Kinder, die sich zu jenem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufhalten, als gestellt. Reist ein minderjähriges lediges Kind nachträglich ins Bundesgebiet ein oder wird es nach der Asylantragstellung der Eltern hier geboren, haben die Eltern, von denen noch mindestens ein Elternteil im Asylverfahren ist, oder die Ausländerbehörde das Bundesamt von der Geburt zu informieren. Damit gilt der Asylantrag des Kindes ebenfalls als gestellt. Die Eltern können für ihr Kind eigene Asylgründe vorbringen. Wenn sie das nicht tun, gelten die gleichen Gründe wie bei den Eltern. Auch hier steht gegen eine ablehnende Entscheidung des Bundesamtes der Rechtsweg offen.

Ist der Antrag der Eltern bereits entschieden, wenn ihr Kind geboren wird oder nachträglich einreist, müssen sie für das Kind einen gesonderten Asylantrag stellen.

©BAMF



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